Jean Piaget, Entwicklungspsychologe
Ein erster Schritt ist, Verantwortung abzugeben – im positiven Sinn. Wenn Kinder spüren, dass ihre Hausaufgaben ihre eigene Aufgabe sind, entwickeln sie eher den Wunsch, diese auch zu bewältigen. Das heisst nicht, sich zurückzuziehen, sondern interessiert und unterstützend präsent zu sein, ohne zu übernehmen.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Regelmässigkeit. Feste Lernzeiten, ein ruhiger Arbeitsplatz und kleine Rituale geben Sicherheit und Orientierung – gerade auch für Kinder, die sich leicht ablenken lassen.
Auch die Beziehung zur Schule spielt eine Rolle. Kinder profitieren, wenn sie wissen: Meine Eltern stehen im Kontakt mit den Lehrpersonen, interessieren sich für das, was in der Klasse passiert, und suchen gemeinsam nach Lösungen, wenn es Schwierigkeiten gibt.
Und nicht zuletzt: Eine stabile, liebevolle Eltern-Kind-Beziehung wirkt stärkend – auch, wenn die Schule einmal zur Belastung wird. Gemeinsame Aktivitäten ausserhalb des Schulkontexts, etwa Spielabende, Sport oder Museumsbesuche, helfen dabei, das Miteinander positiv zu gestalten.
Im besten Fall ist ein Kind bereit, sich auf das Lernen einzulassen. Doch manchmal fehlt die Lust, es wird leicht abgelenkt oder sucht nach Ausweichhandlungen. Oft scheint die Stimmung das Lernen mehr zu beeinflussen als jede Strategie. Denn Motivation entsteht nicht allein im Kopf, sondern im limbischen System – jenem Teil des Gehirns, der unsere Emotionen, unser Gedächtnis und unseren Antrieb steuert.
Der Schlüssel liegt darin, die Selbstmotivation zu aktivieren und zu stärken. Wer versteht, wie Motivation funktioniert, kann sein Kind besser begleiten: ehrlich interessiert, zuhörend und ohne vorschnelle Bewertungen. Eltern tragen immer bei – durch alles, was sie sagen und tun.
Erfolgserlebnisse, sei es in der Schule oder bei Aktivitäten wie Sport, Basteln oder Musizieren, sind ein starker Motivator. Sie zeigen dem Kind: Wenn ich dranbleibe, komme ich weiter. Besonders wichtig ist, dass das Kind durch eigene Anstrengung Erfolge erzielt, was die sogenannte Hoffnung auf Erfolg stärkt. Umgekehrt kann die Angst vor Misserfolg lähmen – nicht immer aufgrund von mangelndem Können, sondern durch die Erfahrung von Erfolg oder Misserfolg.
Kinder, die Verantwortung übernehmen dürfen, sind meist motivierter, da sie ihre eigenen Fortschritte sehen und daraus Vertrauen in ihre Fähigkeiten entwickeln. Lob und Ermutigung verstärken dieses Vertrauen zusätzlich. Besonders wertvoll ist dabei gezieltes, konkretes Lob, das das Bemühen des Kindes anerkennt, wie etwa: «Du hast dir heute wirklich Mühe gegeben.» oder «Du warst konzentriert – das hat man gemerkt.»
Gerade Kinder, die wenig Motivation zeigen, ziehen sich oft zurück. Gespräche über Schule und Lernen werden schnell abgeblockt. Hier kann es helfen, über kreative Zugänge ins Gespräch zu kommen – zum Beispiel mit Satzanfängen wie:
Eltern können diese Sätze auch selbst ergänzen – vielleicht aus der eigenen Schulzeit – und so einen offenen Austausch ermöglichen. Ziel ist es, gemeinsam herauszufinden, warum die Motivation fehlt – und wie neue Perspektiven entstehen können.
Motivation wächst nicht über Nacht – aber sie lässt sich mit Geduld und Zutrauen stärken. Eltern, die Interesse zeigen, Eigenständigkeit zulassen und echte Gespräche führen, helfen ihrem Kind, wieder Freude am Lernen zu finden.
Mut machen, kleine Fortschritte wahrnehmen, Neugier wecken – das sind die Schlüssel. So wird Lernen wieder zu etwas, das sich lohnt.